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Fliegenfischen am Rio Tormes

Rio Tormes

Die Perle Salamancas

Als begeisterter Huchenfischer war es nur eine Frage der Zeit, bis ich den Rio Tormes in Spanien besuchen würde. Der Fluss ist dafür bekannt, dass er das einzige Refugium des Donaulachses außerhalb seines natürlichen Verbreitungsgebiets in den Alpen ist. In den 1970er Jahren fanden Besatzversuche mit Huchen in vielen Ländern statt, doch nur im Rio Tormes fand er eine dauerhafte neue Heimat. 1968 wurde er dort eingesetzt, und 1972 hat er erstmals reproduziert. Ich wollte diesen besonderen Lebensraum fernab der Alpen unbedingt sehen und in Bildern festhalten.

26°C

Als ich am zweiten Aprilwochenende dieses Jahres (2023) dort eintraf, war es für diese Jahreszeit viel zu warm. Mit 26°C war die Temperatur mehr als 10°C wärmer als sonst, und es hatte seit über einem Jahr keinen normalen Regen mehr gegeben. Ich nächtigte in Alba de Tormes, der einzigen größeren Stadt, die näher an den bekannten Strecken des Tormes liegt. Die Umgebung dort erinnerte mich an Zeiten, als ich noch Kind war und alles ruhig und friedlich war. Ich sah keine großen Supermärkte oder Einkaufszentren, keine Fastfood-Restaurants und selbst Tankstellen waren schwer zu finden. Ich entdeckte auch keine riesigen Traktoren und auch keine intensive, landwirtschaftliche Nutzung des Landes. Jedes zweite Dorf ist dort nach einem Heiligen benannt, und der christliche Charakter dieser Gegend war allgegenwärtig. Wohl aufgrund der noch sehr natürlichen Umgebung beherbergt der Rio Tormes eine der am stärksten gefährdeten Fischarten Europas, den Huchen. Doch nicht nur für seine Huchen ist der Rio Tormes bekannt, sondern vor allem für seine großen, endemischen Bachforellen, die dort vorzugsweise mit Trockenfliegen befischt und bis zu 7 kg schwer werden.

Ein Tailwater im Herzen Salamancas

Der Rio Tormes liegt in der Provinz Salamanca, im Landesinneren, etwa 2 Autostunden von Madrid entfernt. Es ist eine hügelige, ländliche Gegend, in der es im Sommer sehr heiß wird. Dass Bachforellen und Huchen dort überhaupt leben können, ist einem 15 km langen Stausee zu verdanken, der durch den Schnee der in der Ferne sichtbaren Berge gespeist wird. Der Rio Tormes ist ein Tailwater. Er wird also vom kalten Wasser eines Stausees gespeist. Das bedeutet, dass die Wassertemperatur unterhalb des Stausees in der Regel zwischen 8 Grad im Frühjahr und maximal 12 bis 14 Grad im Sommer liegt, also ideale Temperaturbedingungen für Salmoniden aufweist. Die zum Angeln interessanten Abschnitte liegen zwischen dem Staudamm und dem Dorf Villagonzalo.

Es gibt also reichlich Wasser mit perfekter Temperatur, in dem sich die größten Forellen Spaniens tummeln. Es sind alles endemische Bachforellen und sogar die Kapitalen können mit der Trockenfliege gefangen werden. Dies ist einem Lebensraum zu verdanken, der sich kaum verändert und über einen langen Zeitraum des Jahres stabil bleibt. Tagsüber ändert sich der Wasserstand nicht. Der Fluss ist gut bewatbar und kann an vielen Stellen überquert werden. Aufgrund der Bewässerung ist der Wasserstand im Sommer höher. Wie die meisten Tailwater Fisheries eignet sich der Rio Tormes perfekt zum Trockenfliegenfischen, aber man darf auch mit der Nymphe oder einem Streamer fischen. Einige Abschnitte sind sogar für Spinnfischer zugänglich, und große Teile sind durch ein Catch-and-Release-Management geschützt. Der Bereich mit den Huchen ist die meiste Zeit des Jahres für die Fischerei gesperrt.

Die Cotos

Der Rio Tormes ist in verschiedene Fischereiabschnitte eingeteilt, die auch „Cotos“ genannt werden. Der erste Coto beginnt unterhalb des riesigen Damms. Er heißt El Corrón, was soviel wie „der Schwall“ bedeutet. Da er gleich unterhalb des Damms beginnt, kann das Wasser zu Beginn der Saison noch  recht kalt sein und die Fische gehen etwas später auf die Trockene, als in den Gewässerabschnitten darunter. El Chorrón hat die zweithöchste Forellendichte aller Cotos. Der darunter anschliessende Coto heißt „Galisancho“. Hier gibt es die höchste Forellendichte, und besonders der Teil unterhalb des Zuflusses, der von der Fischfarm kommt, beherbergt enorm grosse Bachforellen. Dies ist die Fischerei, für die die meisten Angler versuchen, eine Lizenz zu bekommen. Die Fischerei in Alba de Tormes folgt weiter unten. Dieser Abschnitt ist langsam fließend, breit und in Bezug auf Salmoniden uninteressant. Dort leben auch Karpfen und Hechte. Hechte gelten in Spanien als invasive Art und haben keine Schonzeit und Mindestmass und müssen entnommen werden. Weiter flussab gibt es die Fischerei Villagonzalo 1, die in Bezug auf Forellen wahrscheinlich die drittbeste ist, und Villagonzalo 2 – das Huchen-Refugium. Zwischen den bekannten Cotos, die nur mit einer Lizenz befischt werden dürfen, gibt es einige Cotos, für die keine Lizenz erforderlich ist und an denen die Öffentlichkeit angeln kann und an denen Veranstaltungen stattfinden können.

Massenschlüofe von Insekten

Der Rio Tormes ist für Massenschlüpfe von Insekten bekannt. Die beste Zeit, diese Schlüpfe zu nutzen, ist zwischen Mitte Mai und Anfang bis Mitte Juni. Zu dieser Zeit können wirklich große Bachforellen mit Trockenfliegen gefangen werden. Sie haben noch nicht so viele Fliegen von Anglern gesehen und sind dann weniger scheu. Je länger sie befischt werden, desto leichter lassen sie sich vertreiben. Oft genügt dann schon das Schliessen einer Autotüre, damit sie die Uferseite wechseln. Vorsicht ist angesagt! Später in der Saison nimmt die Vegetation im Fluss immer mehr zu. Während es dann immer noch möglich ist, große Forellen in den freien Taschen zwischen den Feldern des Flutenden Hahnenfusses zu haken, ist es schwierig, sie zu landen, da sie schnell in die Krautfelder flüchten und abreissen.

Erhöhter Wasserstand, sich vermehrende Wasserpflanzen und selektive Fische

Im Sommer wird viel Wasser zur Bewässerung freigesetzt, sodass einige gute Stellen nicht mehr erreicht werden können. Zudem werden die Fische dann auch sehr wählerisch. Im Sommer ist es dann praktisch unmöglich, eine große Bachforelle mit den üblichen Vorfachstärken von 0,12 – 0,14 mm zu landen. Das Problem mit Pflanzenwachstum ist jetzt noch ernster. Die großen Forellen fressen zwischen den Krautfahnen, und wenn man sie an den Haken bekommt, steuern sie direkt auf eine gute Deckung zu. Daher gehen die meisten grösseren Fische im August verloren. Allerdings kann das Angeln spektakulär sein, und die Insekten sind reichlich vorhanden.

Ein etwas anderes Huchenhabitat

In den Alpen lebt der Huchen in großen Voralpenflüssen, die teilweise von steilen Felswänden begrenzt sind und oft durch Schluchten fließen. Der Lebensraum der Huchen am Rio Tormes ist völlig anders. Der Fluss schlängelt sich langsam durch Wasserhahnenfussfelder, ist oft kaum ein bis eineinhalb Meter tief und wechselt auch mit etwas tieferen Stellen ab. Während der Huchen früher in verschiedenen Gebieten des Rio Tormes zu finden war, ist sein Vorkommen heute auf Villagonzalos 2 beschränkt, unter anderem weil der Huchen einen erheblichen Fressdruck auf die endemische Bachforelle ausüben würde. Dennoch konnte ich am PC etwa zehn verschiedene Huchen ausmachen, als ich Teile von Villagonzalo 2 mit einer Drohne überflog. Die Huchendichte scheint daher recht hoch zu sein.

Huchen-Lotterie

Bis vor wenigen Jahren war die Dichte der Huchen am Rio Tormes deutlich höher. Allerdings haben die Landwirtschaft und die damit verbundenen Veränderungen des Wasserspiegels zu einem Bestandsrückgang geführt. Waren die Huchen früher so zahlreich, dass sie ähnlich wie Brachsen als wertlose Begleitfische galten (laut örtlichen Anglern), sind heute die verbliebenen Huchen begehrte Ziele für Angler. Die Huchen laichen am Rio Tormes bereits im Februar/März. Die Angelsaison auf Huchen ist kurz. Hier darf nur von Mitte Mai bis Juli geangelt werden, danach ist Schluss. Die begehrten Lizenzen sind nur im Losverfahren zu ergattern. Due Huchen-Lotterie findet jedes Jahr im September statt. Nur wer dort Glück hat, darf im folgenden Jahr im Rio Tormes auf Huchen fischen.

Fischen mit Guide

Wenn Sie beabsichtigen, zum ersten Mal am Rio Tormes zu fischen, sollten Sie dies mit einem Guide tun. Der Guide kennt die guten Stellen und weist den Kunden an, wie man sich dem Fisch nähert und ihn anwirft. Er kennt auch die vielversprechenden lokalen Fliegenmuster. In der Regel wird nur langsam flussaufwärts watend geangelt, um möglichst unauffällig an den aufsteigenden Fisch heranzukommen. Nur über den Guide und den demit verbundenen Hotels ist es möglich, die begehrten Lizenzen zu erhalten. Diese Hotels kaufen Lizenzen ein, mit denen sie dann während des Jahres Geschäfte mit Kunden tätigen. Zu beachten ist, dass die wenigen zugelassenen Beherbergungsbetriebe nicht unbedingt über eine Lizenz für alle Bereiche verfügen, sondern nur für bestimmte. Es ist also nicht möglich, an den Rio Tormes zu fahren, eine Unterkunft über Booking.com zu buchen und zu glauben, man könne dort angeln. Nicht annähernd! Es ist notwendig, sich im Jahr zuvor eine Lizenz zu sichern. Der Rio Tormes ist ein sehr begehrtes Gewässer, da er die größten Forellen des Landes beheimatet.

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